Schlüssel weg: Unfall am Schlafzimmerfenster

Schlüssel weg: Unfall am Schlafzimmerfenster

Unfälle sind selten komisch – schon gar nicht für denjenigen, der sich dabei verletzt. Die Situation, dass aber jemand versucht, durch das Schlafzimmerfenster in seine eigene Wohnung einzusteigen, und für dabei erlittene Verletzungen einen Arbeitsunfall geltend machen will, erscheint kurios.

Heimfahrt während der Arbeitszeit

Eine 43 Jahre alte Frau sollte für ihren Arbeitgeber, einen Gastronomiebetrieb, zum Einkaufen fahren. Als sie dafür ihr Auto öffnen wollte, bemerkte sie allerdings, dass ihr Schlüsselbund weg war. Das war ärgerlich für die Beschäftigte, aber auch für ihren Arbeitgeber, der schließlich neue Lebensmittel benötigte.

Zum Glück gab es bei der Dame zu Hause einen Ersatzschlüssel. Den wollte sie holen. Sie ließ sich dafür von ihrem Arbeitgeber nach Hause fahren. Doch wie kommt man ohne Schlüssel in die Wohnung?

Schlüsseldienst will Tür auffräsen

Die Beschäftigte hatte mitgedacht und schon vor der Heimfahrt einen Schlüsseldienst verständigt. Der war auch tatsächlich erschienen und bereit, die Wohnungstür zu öffnen.

Dafür wollte er die Tür auffräsen, was der Dame allerdings so gar nicht gefiel, denn dabei wäre neben den Kosten für den Schlüsseldienst wohl auch noch ein größerer Sachschaden an der Tür und ggf. auch dem Türrahmen entstanden.

Einstieg über angelehntes Fenster

Die findige Arbeitnehmerin hatte einen weiteren Einfall: Ein Fenster zu ihrer Wohnung war offenbar nur angelehnt und sie meinte, darüber einfach einsteigen zu können – schließlich war es ja ihre eigene Wohnung.

Hätte sie mal lieber nicht versucht, sich den Schlüsseldienst zu sparen. Bei ihrem Einstiegsversuch stürzte sie nämlich ab und brach sich einen Lendenwirbel. Die Verletzung mit ihren Spätfolgen war offenbar so schwer, dass sie von der Rentenversicherung eine Erwerbsminderungsrente zuerkannt bekam.

Rente ja, aber kein Arbeitsunfall

Dagegen lehnte die Unfallversicherung die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab. Grundsätzlich ist der tägliche Arbeitsweg mitversichert, und auch das Verlangen des Arbeitgebers, dass die Beschäftigte einen Schlüssel für ihr Auto besorgen solle, um die notwendigen Einkäufe vornehmen zu können, spricht für einen beruflichen Zusammenhang des Unfalls.

Spätestens allerdings, als die Dame durch ihre Kletterpartie am Fenster einen Unfall riskierte, nur um sich den bereits vor Ort befindlichen Schlüsseldienst zu sparen, standen nicht mehr betriebliche, sondern eindeutig ihre privaten Interessen im Vordergrund.

Dafür aber ist die allein durch Arbeitgeberbeiträge finanzierte gesetzliche Unfallversicherung nicht geschaffen. Daher gab das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg auch der zuständigen Berufsgenossenschaft Recht: Der Unfall am heimischen Schlafzimmerfenster war kein Arbeitsunfall, sodass sie auch keine Leistungen von der Berufsgenossenschaft beanspruchen konnte.

(LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 11.05.2016, Az.: L 3 U 3922/15)

(ADS)

Autor: anwalt.de kurios

2016-07-24T22:47:38+02:00

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